Familienverband NAHODYL
Familienverband NAHODYL

 

 

 

Aus politischen Gründen gehen viele Sprachwissenschaftler des Ostblocks davon aus, daß es eine tschechische Sprache schon seit dem 6. Jh. in Böhmen gegeben habe. Zeugnisse dafür gibt es nicht, nicht ein einziges Wort ist in den Chroniken der Historiker erhalten. Tschechische und polnische Fürsten und Häuptlinge tragen in den Chroniken germanische oder christliche Namen, nie „slawische“. Trotz dieser Tatsachen konstruieren die Forscher sich eine sog. Slawische Sprache und übersetzen den Namen in dieser Sprache. Diese Übersetzungsversuche sind willkürlich und unglaubwürdig, wir wollen sie dennoch hier der Vollständigkeit halber anfügen.

Der erste Bestandteil des Namens „Nachod“ wird gleich übersetzt, wie im Deutschen (na wird als Buchstabenverdrehung von an gedeutet). Der zweite Bestandteil, „chodit“, „choditi“ soll in tschechischer Sprache: „Gehen“, „herumgehen“, „auf- und abgehen“, „durchwandern“, „wandeln“ bedeuten. Im Russischen lautet das Wort „hoditi“. Es findet sich auch in dem griechischen Göttinnennamen „Aprhodite“, „die über den Schaum Wandelnde“. Das Wort entstammt also dem jüngeren, kirchenslawischen Bestand der tschechischen Sprache, der erst im 13. Jh. in die tschechische Sprache einging. Nach Dr. Jiri Rejzek geht das Wort auf eine indogermanische Wurzel „*sed“, „gehen“ zurück.

Der Name „Nachod“ würde also in tschechischer Sprache bedeuten: „Dagegen angehen“, „darauf zugehen“, „dagegen anstürmen“. Tschechische Forscher gehen allerdings vom Verb nachoditi, nacházeti mit der Bedeutung „ankommen“, „eintreten“ aus, eine Variante zu der erwähnten Deutung („an“ und „gehen“ oder eben „kommen“) so daß der Name dann mit „der Zugang“ (die Stadt Nachod war eine Grenzbefestigung) zu übersetzen wäre (Lutterer, Šrámek: Zemepisná jména v Cechách, na Morave a ve Slezsku, 2004 / Geographichal Names in Bohemia, Moravia and Silesia).

Beide Namen (Nachod und Nahodil) sind sicher identisch, dennoch deuten tschechische Forscher den zweiten Bestandteil in beiden Namen unterschiedlich. Während in „Nachod“ das Wort „chodit“ („gehen“) stecken soll, soll im Namen „Nahodil“ der zweite Namensteil das böhmische Tätigkeitswort „hodit“ mit der Bedeutung „werfen“, „schmeißen“, „schleudern“ enthalten. Diese Deutung favorisiert auch die Namensberatungsstelle der Universität Leipzig (Institut für Slavistik, Fanziska Menzel; vgl. Rudolf Simek, St. Mikulášek, Kleines Lexikon der tschechischen Familiennamen in Österreich, Wien 1995). Das Wort „hodit“ geht danach über die rekonstruierte Vorform „*goditi“ auf indogermanisch „*ghedh *ghodh“, das ist das deutsche Wort „gut“ zurück. Laut Jiri Rejzek soll „hodit“ nicht mit „chodit“ stammverwandt sein, obwohl die beiden Begriffe sich auffällig ähneln, da das „h“ in „hodit“ seiner Vermutung nach aus einem „g“ entstand, das „ch“ in „chodit“ aber unter unklaren Umständen aus einem „s“. Das Wort „hodit“ („werfen“) entstand laut Dr. Jiri Rejzek aus der Form „hodit se“ mit der Bedeutung „(sich) treffen“, „passen“, „sich schicken“, es entwickelte sich nach dieser Theorie also von „treffen“ zu „werfen“, ursprünglich bedeutete es „gut“.

Der Name Nahodil geht nach dieser Deutung auf die Vergangenheitsform des Tätigkeitswortes „nahodit“ zurück. Dieses „nahodit“ bedeutet „werfen“, „hinwerfen“, „einwerfen“, „bewerfen“, „aufwerfen“, „anwerfen“, „vorwerfen“, „hineinwerfen“. Nach der Namensberatungsstelle bedeutet der Familienname Nahodil ganz wörtlich „er hat geworfen (angeworfen, hingeworfen usw.)“ (die tschechische Endung „-il“ ist Partizip der Vergangenheit). In einem Gutachten zum Familiennamen Nahodil heißt es: „Nahodil ist wörtlich mit ,er hat geworfen' und etwas freier mit ,Werfer' zu übersetzen. Was der Benannte geworfen hat, verrät der Name nicht“. Der Name könnte kriegerisch (Speerwerfer) gedeutet werden.

Der tschechische Etymologe Dr. Jiri Rejzek hält die Deutung der Namensberatungsstelle Leipzig für nicht plausibel, sondern geht vom altböhmischen „nahoditi“ mit der Bedeutung „(unerwartet) senden, geben, vermitteln“ aus. Die reflexive Form „nahoditi se“ bedeutet „sich zur Sache treffen, zufällig dazukommen“. Diese letzte Bedeutung „wer zufällig zu etwas komme“ findet sich auch in dem Buch über die Herkunft der tschechischen Familiennamen (D. Moldanová, Naše príjmení, Prag 2004).

Der tschechische Forscher Josef Beneš leitet den Namen in seinem Buche „O ceských prijmeních, Prag 1962 (S. 272) vom böhmischen Zeitwort mit Vorsilbe, „nahoditi“ („hinwerfen“, „einwerfen“ aber auch „darauf zugehen“, „dagegen anstürmen“) ab.

Geht man von der tschechischen Sprache, aber von einem gleichen Grundstammwort („gehen“) aus, dann bedeuten beide Namen, Na(c)hod und Nahodil fast dasselbe: „angehen“ und „angegangen“. Im Tschechischen wird ein „c“ vor dem „h“ nicht gesprochen und ist somit unhörbar.

Die beiden Namen (Nachod und Nahodil) auf zwei unterschiedliche Wortstämme zu beziehen, nämlich „chodit“ („gehen“) und „hodit“ („werfen“), erscheint sehr zweifelhaft, zumal im Russischen „chodit“ ohne das „c“ geschrieben wird: „hodit“. Eine Unterscheidung ist also gar nicht möglich, zumal auch der Städtename „Nachod“ häufig ohne das „c“ geschrieben wurde.

Es kommt in der Literatur, z. B. bei Johann Neumann, Dr. phil. Otto Endlicher, „Tschechische Familiennamen in Wien“, auch die Ableitung von „nahodily“ vor, was „zufällig“, aber auch „ungefähr, gelegentlich, eventuell, beiläufig, absichtslos“ bedeutet. Tatsächlich hatte sich das Wort „hodit“ (werfen) über „Werfen der Würfel“ zu „Zufall“ entwickelt, und „nahodne“ bedeutet „zufällig, zufälligerweise“, „nahodnik“ bzw. „nahodnice“ bezeichnen Losdeuter und Losdeuterin. Freier gedeutet würde der Familienname aber nicht „zufällig“, sondern „der Zugetragene, das Findelkind, der Gefundene“ bedeuten. In einem Märchen findet sich der Name „Nahod“ (Findling) für ein Findelkind (Fr. S. Krauß, Volkserzählungen der Südslaven, Wien 2002).

Pawel Stransky erwähnt in seinem „Staat von Böhmen“ (Bd. 2, S. 6, Prag 1729) mit Anführung einer „Chron. H.“ (Fol. 1, 3) eine Gottheit „Nehoda“. Da die Laute „a“ und „e“ häufig wechseln, kommt auch dieser Name möglicherweise für unsere Deutung in Betracht. Nehoda (gesprochen: Niechoda) soll auch „Pochwist“ heißen und eine Gottheit sein, die für Ungewitter zuständig ist. Der Name bedeutet „Unfall“. Allerdings würde man es wohl vermeiden, sich einen Götternamen oder einen Namen mit dieser negativen Bedeutung zuzulegen, wenn es überhaupt eine solche Göttin „Nehoda“ je gegeben hat. Es scheint eher eine Variante zu der tschechischen Deutung zu sein, denn der Name kann auch einfach „hinwerfen“ bedeuten, und davon dann weiter zu „Unfall“ geworden sein.

Die weite räumliche Verbreitung des Namens bereits im 16. Jh. deutet eher darauf hin, daß unser Name schon sehr lange besteht und somit wird eine Deutung von der tschechischen Sprache aus sehr unwahrscheinlich, da diese Sprache vor dem 13. Jh. in Böhmen und Mähren noch gar nicht gesprochen wurde. Erst durch die Missionierung durch die Ostkirche wurde diese Sprache nach und nach auch hier verbreitet. Noch heute hat sie daher viele griechische Worte, z. B. das bekannte Anredewort Pan (Herr), das vom griechischen Götternamen Pan abgeleitet wurde. Oder eben unser hodite (Wandeln) und viele andere Wörter.

 

Tschechische Namen mit der Endung -il

Aus Gründen eines übersteigerten Patriotismus versuchen slawische Wissenschaftler, Namen mit der Endung -il“ slawisch zu deuten, um den vermeintlichen Makel, daß es sich um deutsche Namen handelt und das Gebiet Böhmen und Mähren damit auch von der Namenstradition seiner Bewohner her einen Teil des deutschen Kulturraumes bildet, entgegenzutreten. Nicht nur unserer Name wurde so durch übereifrige patriotische Deuter zum tschechischen Namen gemacht, auch anderen deutschen Namen blieb dieses Schicksal nicht erspart, z. B. dem Namen Nawratil. Tschechische Forscher deuten ihn als Partizipform von tschechisch navrátit (zurückgeben) zu er hat zurückgegeben oder als Partizipform von tschechisch navrátit se (zurückkehren) zu er ist zurückgekehrt. Beide Deutungen sind für Namen sehr unwahrscheinlich. Tatsächlich bedeutet Nawratil einfach Naurat, denn ein w ist nichts anderes als zwei u (englisch: dubble-u) und das a entspricht dem e (wie Naupert unbestritten die mitteldeutsche Form von Neubert darstellt oder Naumann die mitteldeutsche Form von Neumann ist). Somit ist Nawrat (auch in der Schreibweise mit th) die mitteldeutsche Form von Neurat, Neu im Rat. Die Endung -il entspricht wiederum unserem -el mit der Bedeutung Nachkomme, also Nachkomme Neurats“, Kind Neurats oder kleiner Neurat.
Es gibt eine ganze Reihe derartiger, auf „-il endender Namen die allesamt falsch gedeutet werden, z. B. „Dokoupil“ oder „Pospisil“ (Pospischil). Auch diese beiden Namen werden auf tschechische Wörter zurückgeführt: Dokoupil = „dokoupit“, „dazukaufen“, also „er hat dazugekauft“. Pospisil = „pospísit“, „eilen“, also „er ist geeilt“. Ausgehend von derartigen völlig irrigen Deutungen versucht man sogar, eine Art Regel aufzustellen. So sollen Namen auf „-il“, denen eine Partizipform zugrundeliege, charakteristisch für das Tschechische sein und besonders in Mähren häufig vorkommen. Namen, die sich auf eine auffällige oder gewohnheitsmäßige Handlung des ersten Namensträgers beziehen sollen. Daß sich Handlungen in Partizipform zu Familiennamen entwickelt haben sollen, ist abwegig. Richtig ist, daß die Endung „-il“ als „Kind, Nachkomme“ leider falsch als Partizipendung gedeutet wird und die deutsch-germanischen Wurzeln der Namen geleugnet werden. So erkennt auch der Laie in Dokoup-il das Wort koup (kaufen, isländisch kaup; p wechselt oft mit f, vgl. Alp, Elb, Elf) und in Pospis-il oder Pospisch-il steckt Fisch (auch hier steht ein p statt dem f), vielleicht also Faßfisch“ oder Fuchsfisch. Der angeblich tschechische Name Musil wird abgeleitet von musit = müssen, also er hat gemußt. Auch diese Deutung ist unhaltbar, vielmehr kann tschechisch muz = Mann, also kleiner Mann hier richtig sein, oder ein deutscher Ortsname Moos (Baden-Württemberg, Bayern, Österreich) zu Nachkomme des (Herrn aus) Moos.