Familienverband NAHODYL
Familienverband NAHODYL

 

 

Der Name „Nahod“ kommt auch in den Schreibweisen „Nachod“, „Nachodt“, Nachot sowie tschechisiert „Náchoda“ vor; er existierte bereits zu Anfang des 12. Jh., als Hron die Stadt Nachod als Lehen erhielt. Da die Familie den Namen der Stadt annahm, nicht ihren eigenen deutschen Sippennamen (der Ronower oder Hronovice), darf man annehmen, daß der Name schon vorher bestand. Somit kommt nur eine deutsche Übersetzung in Frage, da es Zeugnisse der böhmischen (tschechischen) Sprache aus dieser Zeit (Anfang des 12. Jh.) noch gar nicht gibt, was ein Hinweis ist, daß diese Sprache in Böhmen noch gar nicht gesprochen wurde. Die Mönche Cyrillos und Methodios waren mit ihren Versuchen, diese Sprache in Böhmen und Mähren einzuführen, bekanntlich erfolglos geblieben.

 

Die Vorsilbe „Na“, Nah oder Nach“

Die Vorsilbe „na“, „nah“ oder „nach“ ist mit den deutschen Worten „nahe“ und „nach“ sowie umgestellt an (indogermanisch „*ano, *an, *(a)nó) verwandt. Mittelhochdeutsch „nach“, althochdeutsch „ná“, „náh“ oder „náho“ mit der Bedeutung „nahen“, „nahe“, „nahe bei“, „in der Nähe von“ entwickelte sich weiter zu „auf“, „hinauf“, „auf etwas hin“, „daraufhin“, „in“ „darauf zu“, „zu“ und schließlich „hinter etwas her“ (Duden Etymologie, Mannheim 1963). Das Wort wurde auch zur Bezeichnung der Richtung im feindlichen Sinne verwendet: „Gegen“, „wider“, „wegen“, „über“. Da die althochdeutsche Schreibweise das „ch“ nicht hat - erst in der mittelhochdeutschen Zeit wurde es üblich -  entspricht die Vorsilbe „Nah-“ der althochdeutschen, älteren Schreibweise, während „Nach-“ der jüngeren, mittelhochdeutschen Schreibweise entspricht.

 

Der Namensbestandteil „hod“ oder od

Die Spezialistin für die althochdeutsche Sprache, Frau Dr. Schlachter von der Humboldt-Universität in Berlin, teilte dazu mit, daß sie bei einer Deutung des Namens die einzelnen Namensbestandteile nach den althochdeutschen Wörterbüchern untersuchen würde. Demgegenüber schreibt Prof. Dr. Wolfgang Haubrichs (Universität Saarbrücken):
„Auch sehe ich keine Deutungsmöglichkeit aus dem Deutschen, obwohl man ein althochdeutsches nah-ódi (wie bei Kleinod) basteln könnte, das aber ohne Parallele unter den Ortsnamen wäre“.
Ohne Parallele bei Ortsnamen ist es allerdings nicht, es gibt in Westfalen an der Lenne einen Ort „Nachrodt“; dieser Name ähnelt unserem doch auffällig und beweist, daß der Familienname kein Name der tschechischen Sprache ist.

Zu übersetzen ist der zweite Namensteil entweder vom althochdeutschen „ódi“, „ódhín“, „Öde“, „Einöde“, „Verwüstung“, indogerm. *au-, *aue- „von etwas weg“, „fort“ oder - etwas weniger wahrscheinlich - geht er auf  althochdeutsch „ódhil“, „ódil“ oder „uodil“ mit der Bedeutung „Besitztum“, „Heimat“, „Erbhof“, „Adelssitz“ (indogerm. „*atta, *ato-s“ „Vater“, lautnachahmendes Wort der Kindersprache) zurück. Der Name bedeutet dann: „Nahe bei der Einöde“ oder „nahe bei dem Besitztum“. Die erstere Deutung ist glaubwürdiger. Aber es ist auch die Trennung in na - hod möglich, sodaß der zweite Teil hod eine Abschleifung von mhd. hoch, hoch, Höhe ist. Mittelniederdeutsch hóde bedeutet nach Prof. Udolph Schaden verhindernde Aufsicht, Wache, Bewachung, Behütung, Fürsorge, Schutz, Geborgenheit. Nahod bedeutet dann auf/bei/an der Höhe, da die Burg in Nachod auf einem Berge errichtet wurde, oder bei der Wache (die Burg als Grenzwacht). Ähnlich wird übrigens der böhmische Name „Nadolny“ übersetzt: „im/am Tal“ (na-dolny). Diese letzte Deutung, An der Höhe scheint mir die überzeugenste Deutung zu sein.

 

Abb. aus: Zweiunddreißigster Bericht, Oxford University 1874, S. XXII

 

Sowohl der Name der Stadt, als auch der Name des Geschlechtes kommen in den Schreibweisen mit „c“ und ohne „c“ vor. So wird der Name der Stadt in verschiedenen Büchern mit „Nahod“ angegeben, z. B. in „Beyträge zur neuern Staats- und Krieges-Geschichte“, Bd. 1, Danzig 1756 (S. 361ff, 477, 479, 482ff) oder in „Allgemeines historisch-statistisch-geographisches Handlungs-, Post- und Zeitungs-Lexicon“ von Prof. Th. Fr. Ehrmann und Dr. H. Schorch, Abt. 2, Bd. 5, Erfurt und Gotha 1830 (S. 302). Der Name der Familie der Herren und späteren Grafen von Nachod wird in verschiedenen Büchern nur als „Nahod“ geschrieben, z. B. in F. J. Schwoys „Topographische Schilderung des Markgrafenthum Mähren“, Bd. 2, Prag und Leipzig 1786 (S. 37) oder in Anton Pustets „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige“, Band 14f, 1893 (S. 199, 337). Hier wird die Gräfin Elisabeth Nahod genannt, die aus Ungarn vor den Türken in eines der Benediktinerkloster in Österreich flüchtete und dort starb. Man kann sagen, daß die Schreibweise ohne „c“ fast häufiger vorkommt, als die mit dem „c“. Es handelt sich also um eine Schreibvariante ein und desselben Namens, nicht um zwei unterschiedliche Namen. Auch viele andere Wörter haben in mittelhochdeutscher Zeit ein „c“ bekommen, das sie zuvor nicht hatten, z. B. „Maht“ – „Macht“, „Naht“ – „Nacht“, „Wahs“ – „Wachs“ usw.

Daß die Namensformen mit „ch“ und nur mit „h“ identisch sind, daß es also nur Schreibvarianten ein und desselben Namen sind, wird auch dadurch belegt, daß der Familienname „Nahodil“ auch in der Form „Nachodil“ vorkommt. So wird bereits in einem Adreßbuch von 1898 in dem Ort Schalke ein „Johann Nachodil“ verzeichnet, weitere Quellen nennen Johanne Nachodil (1873), Marie Nachodil (1841) oder Sara Nachodil (aus den USA). Umgekehrt führt das tschechische Telefonbuch mehrere Personen des Namens „Nahoda“ auf – dieser Name ist unzweifelhaft mit „Nachoda“ identisch. In Ungarn findet sich (nachweisbar ab 1886) auch die Schreibweise des Namens „Nachodil“ (neben „Nahodil“), was an den alten Namen „Nachod“ anknüpft.

 

Abb. aus: Studien Mittheilungen Aus Dem Ordensgeschichte und Statistik, von P. Maurus Kinter, Oxford University 1885, S. 151.

 

Die Endung „-il“, „-yl“

Auch diese Endung ist nicht tschechisch, sondern deutsch und allgemeine Verkleinerungsform. Im Mittelhochdeutschen lautete die Verkleinerungsform -lin, so z. B. in Maidlin. Im Neuhochdeutschen wandelte sie sich in -lein, wie in Maidlein. Im Niederdeutschen lautet diese Endung -ke (etwa: Frauke), im Alemannischen finden wir -le wie in Maidle. Im Süddeutschen aber existiert diese Verkleinerungsform in der Weise -el, wie z. B. in Mädel (kleines Mädchen) oder Kindel (kleines Kind). Heute benutzen wir im Hochdeutschen dafür meist die Endung -chen (Mädchen, Kindchen). Im Duden-Lexikon der Familiennamen (von R. u. V. Kohlheim, 2008) heißt es auf S. 47:
>Vorwiegend oberdeutsch, z. T. aber auch mitteldeutsch sind Ableitungen auf -el (Dietel, Friedel, Hensel, Hertel, Schmiedel).<
Die Endung -el ist also Verkleinerungs- oder Koseform. Ein Name wie Hensel bedeutet also kleiner Hans oder  Kind von Hans. Das deutsche -el entspricht dem ostgermanischen und mittelhochdeutschen „-il“. Die Entsprechung des „e“ und „i“ sieht man auch in Ortsnamen. So finden wir das „i“ in dem Namen der Stadt „Stettin“, welches für das deutsche „e“ („Städtchen“) steht, die Polen schreiben „Gubin“, was im Deutschen „Guben“ genannt wird. Der heutige „Reiter“ war im Mittelalter der „Ritter“, d. h. das „i“ im Wort ist die ältere Schreibweise. Das „i“ in unserem Namen „Nahodil“ entspricht also einem „e“: „Nahodel“, modern würde man Nahodchen sagen. Tatsächlich gibt es den Familiennamen in der Schreibweise „Nahodel“ noch in Slowenien. Diese Form mit der Endung „-el“ ist also nur die bekannte süddeutsche Verkleinerungsform, die wir z. B. in Wörtern wie den folgenden finden: „Friedel“ (Geliebter), „Mündel“ (unter Vormund stehend), „Möndel“ (kleiner Mond, „Möndchen“) oder „Körbel“ (Körbchen, kleiner Korb).

Die Namensform „Nahodil“ ist also nicht tschechisch, sondern deutsch und bedeutet „kleiner Nahod“ und sinngemäß: „Nachkomme Nahods“. Auf die Stadt Nachod kann sich dieser Name mit dieser Endung nicht beziehen, der erste Bestandtel muß ein Personenname sein, denn eine Stadt kann weder Nachkommen haben, noch als klein bezeichnet werden: Nahodchen ergibt nur dann einen Sinn, wenn mit Nahod das Geschlecht, nicht der Ort gemeint ist. Diese Endung besagt also, daß die Nahodils Nachkommen aus dem Geschlechte der Nahods sind. Der Name bezieht sich auf einen Nachkommen, und mit dem Namen sollte die Abstammung aus diesem Geschlecht betont werden. Auf die Stadt kann sich dieser Name in der Kose- oder Verkleinerungsform nicht beziehen, da hätte die Endung -er (Nachoder = Mensch aus dem Ort Nachod) stehen müssen. Die Familie Nahodyl ist aus dem Geschlecht der Herren von Nahod hervorgegangen. 

Der Nahodil-Adel ruhte zeitweilig in Mähren. Im Königreich Ungarn dann in der Zeit vor 1925 wurde der Adel offiziell wieder aufgenommen. Als ungarisches Adelskennzeichen wurde das „y“ in den Namen an Stelle des „i“ eingefügt, so daß nun die Schreibweise „Nahodyl“ oder „Nachodyl“ (in Deutschland „von Nahodyl“) entstand. Ein „y“ im Familiennamen ist in Ungarn ein Hinweis auf Adelszugehörigkeit, es gibt dort kein „von“. Die in die USA eingewanderten Nahodyls verdanken ihr „y“ aber einem Schreibfehler der Einwanderungsbehörden. Aber schon in einer Eintragung eines mährischen Kirchenbuches von 1600 kommt ein „y“ im Namen vor: „Nahodylaw“. Ob die bürgerlichen Nahodils gleichfalls Nachkommen Nachods sind, oder aus einer ganz anderen Abstammungslinie stammen, ist ungewiß. Auf Grund des Aussetzens der Quellen im 17. Jh. konnte eine Verwandtschaft bislang nicht gefunden werden, ist aber auch nicht ausgeschlossen.

 

Unwahrscheinliche Deutungen, politisch motiviert.